Hier sind wir wieder! Uns geht es gut und außer einer während der Fahrt aus der Verankerung gerissenen Mikrowelle (Schockmoment!) ist auch nichts passiert. Wir waren lediglich tief in der Wildnis, wo es am Ende weder Netz noch WLAN gab. Wenn man es genau nimmt auch keinen Strom und kein fließend Wasser, dafür aber Natur pur. Doch dazu später mehr, beginnen wir ganz am Anfang. Nach unserer gescheiterten Expedition zum Mount Rainier am Anfang der Reise haben wir es noch einmal darauf ankommen lassen und eine zweite Bergetappe eingelegt. Von der Küste aus geht es ins Landesinnere mit dem Williamette National Forest als Ziel. Unser Weg führt uns dabei über Eugene, wo wir die zweitschlimmste Nacht nach der Irrfahrt am ersten Tag erleben. Der Stellplatz war die Hölle und damit ist alles, aber wirklich alles gesagt.
Kommen wir zum schöneren Teil, den Bergen sowie dem glorreichen SV Darmstadt 98, der am Tag unserer Ankunft im Patio RV Park in die zweite Bundesliga aufsteigen sollte. So recht daran geglaubt habe ich nach dem 1:3 im Hinspiel nicht mehr, weshalb die Partie bei Ankunft in McKenzie Bridge bereits seit ein paar Minuten läuft. Und hier zu schauen erweist sich als Herausforderung. Der Stellplatz bzw. McKenzie Bridge liegen 60km östlich von Eugene am gleichnamigen Fluss und Mobiltelefone funktionieren so weit außerhalb der Stadt nur selten. Dasselbe gilt für das lokale WLAN, weshalb wir den Krimi aus Bielefeld anfangs nur übers Fanradio hören und nach dessen Zusammenbruch von Freunden mit Videoschnippseln über Whatsapp versorgt werden. Beim 3:1 von Gondorf rasten wir kollektiv aus – außer uns ist eh kaum jemand auf dem Platz – und können es nicht mehr aushalten.
Über Facetime probieren wir nach Deutschland durchzukommen und tatsächlich: die Scheiße geht! Onkel Mario bastelt zuhause eine Halterung und fixiert das iPad in Blickrichtung des hessischen Rundfunks, so dass Henry die Hütte von Elton da Costa Jr. live sehen kann. Zwar nur in Miniaturansicht auf dem iPhone, weder Spielzeit noch Namen auf den Trikots sind erkennbar, aber was soll’s. Der SVD spielt nach über 20 Jahren wieder oben mit und wir sind live dabei! Wahnsinn, WAHNSINN! Die Aufregung hält noch eine Weile an und wir schauen die Videos der Tore wieder und wieder. Danach schleicht sich eine angenehme Zufriedenheit ein. So weit weg von Deutschland und so weit draußen gibt einem die Natur einen sanften Dämpfer. Wir stehen mit dem RV direkt am McKenzie River und der Fluß rauscht majestätisch an uns vorbei. Es ist schön hier, wunderschön und ruhig. Die nächsten Tage wollen wir nutzen um zu entspannen und zu wandern.
Tamolitch Pool: Ein Traum in Indigoblau
Gesagt getan, brechen wir nach einem reinen Erholungstag mit dem RV Richtung Norden auf. Der vielversprechenste Trail ist 18 Meilen entfernt und es fährt kein Bus. Wir wollen den McKenzie River Trail (übrigens eine der top Mountainbike-Strecken der USA) nach Norden wandern, wo nach etwa zwei Meilen der „Tamolitch Pool“ zu erreichen ist. Begleitet von Eichhörnchen, Fröschen und (Mini-)Schlangen erreichen wir zwei Stunden später die Lagune und sind erst einmal baff. Die Vorschau auf den Wanderweg hat nicht zuviel versprochen, die Lagune strahlt indigoblau. Eine Gruppe Jugendlicher nutzt die Chance und das gute Wetter für ein Bad im eiskalten Wasser. Wir belassen es bei Fotos und lassen Henry ein wenig auf seiner Decke spielen, bevor es zurück geht. Der kleine Mann hat Spaß und ist vor allem fasziniert vom wilden Fluß. Wer Entspannung und Natur sucht, ist hier bestens aufgehoben.
JWD: Cougar Reservoir
Die Wanderung am Fluß war großartig, ist uns aber nicht genug. Bei der Suche nach Wanderwegen über Google Earth ist uns das Cougar Reservoir ins Auge gefallen und bereits aus der Vogelperspektive sieht die Gegend großartig aus. Wir zögern anfangs noch, doch spätestens als uns die Nachbarn auf dem Stellplatz von den Thermalquellen erzählen, die es dort oben gibt, steht unser Entschluss fest: wir fahren in die Wildnis! Anders als bisher wird unser Stellplatz für die Nacht weder über Strom noch über fließend Wasser verfügen (…und Mobilfunknetz oder WLAN erst Recht nicht). Für uns aber kein Problem: der Frischwassertank ist gefüllt, Kühlschrank und Herd laufen über Gas und für den Fall der Fälle steht zudem noch der eingebaute Generator bereit.
Bestens gerüstet setzen wir unseren fahrbaren Untersatz in Bewegung und biegen vom Highway ab auf den „AufderHeide Drive“. Kein Witz, die Straße in die Berge heißt wirklich so. Eine Heide sehen wir auf dem Weg nach oben zwar nicht, dafür jede Menge Felsen und Geröll. Kurz vor Erreichen der Terwillinger Hotsprings wird die Straße zum ersten Mal zur Buckelpiste und wir ahnen, wo wir angekommen sind: JWD, janz weit draußen. Es gibt aber einen kleinen Infokiosk, wo wir den Eintritt für die Quellen bezahlen und eine Karte der Gegend erhalten. Gut gerüstet brechen wir so zum Badespaß auf, den wir leider nicht dokumentieren können, da Badekleidung optional ist (FKK und so). Henry verpennt dieses Spektakel in seiner Kraxe. Während Mama und Papa sich im heißen Wasser entspannen, schnorchelt unser Sohn in Ruhe vor sich hin. Leider nicht lange, da der Platzwart beim aufräumen stolpert und samt seinem Eimer mit lautem Getöse zu Boden geht. Als Muttern dann noch in ne Biene latscht, war’s sowieso vorbei mit der Ruhe an den Quellen.
Für uns bedeutet das ein vorzeitiges Ende, das dennoch zur rechten Zeit kommt. Bis zum Slide Creek Campground, wo wir die Nacht verbringen wollen, ist es zwar nur noch ein Stück, aber die Straße wird zur Schotterpiste. Es gibt dermaßen viele und tiefe Schlaglöcher, dass mehr als 10km/h nicht fahrbar sind. Wäre die Mikrowelle nicht schon in der letzten Kurve vor den Quellen aus der Verankerung gesprungen, wäre sie spätestens jetzt über den Jordan gegangen. Unsere Notkonstruktion aus Panzertape hält der Belastung aber gottseidank stand. Für die Tortour belohnt werden wir mit einem Stellplatz direkt am See und der fast völligen Einsamkeit. Der Memorial Day steht zwar bevor, aber an diesem Donnerstag ist außer dem Parkwächter und einem anderen Paar noch niemand da. Wir lassen die Seele und die Füße im eiskalten Wasser baumeln. Henry spielt vergnügt auf seiner Decke und so gehen ein wundervoller Tag und unsere Zeit in den Bergen zu Ende. Morgen früh geht es zurück Richtung Küste, schließlich wollen wir noch die großen Redwoods sehen ;)
Oft kann man mit Fotos von Reisen, bei denen man nicht dabei war, nur wenig anfangen, aber diese Fotos lassen die Schönheit der Natur mehr als nur erahnen. Einfach nur schön. Ich wünsche Euch weiter solch schöne Erlebnisse.
Ach ja, woher kommt dieses Indigoblau? Leuchtende Steine im Wasser oder durch das Licht?